Prävention als eine Chance für das Gesundheitsversorgungsproblem

Das deutsche Gesundheitssystem steht in den kommenden Jahren vor einer besonderen Herausforderung. Durch den demografischen Wandel wird nicht nur die Zahl der Ärzte und Ärztinnen abnehmen, sondern die Zahl der zu versorgenden Patienten und Patientinnen auch noch zunehmen, wie das Deutsche Ärzteblatt in seiner Ausgabe vom 17.Februar 2023 schreibt.(1)

Zahlreiche Erkrankungen wie Krebs, Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und andere lassen sich durch Kenntnis der Risikofaktoren und dementsprechender Primär- und Sekundärprävention wirkungsvoll verhindern. Zudem liegt hier ein enormes Kosteneinsparpotential: Die jährlichen Versorgungskosten liegen in Deutschland für Personen mit Typ 2-Diabetes um 2500,- € höher als bei nicht erkrankten Personen. Das zeigt eine Studie von Kähm et al., die an der TU München durchgeführt wurde (2).

Gesundheitsversorgung nutzt das Potential der Prävention noch nicht

Das Potenzial der Prävention ist unumstritten. Mit dem im Jahr 2015 erlassenen Gesundheitsgesetz ist die Bundesregierung angetreten, die Gesundheitsförderung zu stärken, indem sie sie mit entsprechenden Ressourcen ausstattete. Die Krankenkassen bieten zahlreiche Präventionskurse an, die an einem einheitlichen Präventionsleitfaden ausgerichtet sind und auf validierten Wirksamkeitsstudien basieren. Die eigentliche Gesundheitsversorgung in Deutschland ist aber kurativ ausgerichtet. Es geht vor allem um das Heilen von Verletzungen oder Erkrankungen. Prävention und Gesundheitsförderung findet in den Arztpraxen vorwiegend durch Vorsorgeuntersuchungen, die Kontrolle der Disease-Management-Programme und Impfungen statt. Nach Aussage von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung wünschten sich viele Ärzte und Ärztinnen mehr Zeit für Gesundheitsförderung und Prävention zu haben.

Wie auch sensible Dialoggruppen erreicht werden können

Ein Hebel zur Prävention auch bei vulnerablen Gruppen liegt in der Stärkung der Gesundheitskompetenz. Je früher die Menschen lernen, wie sie mit ihrem Lebensstil ihre Lebensqualität beeinflussen können, umso eher sind sie bereit, ihr Verhalten danach auszurichten. Gesundheitserziehung sollte Bestandteil des Unterrichts in Kita und Schule sein. Hierzu bedarf es sowohl einer Kompetenz, aus der Vielzahl von Angeboten, das für sich richtige herauszufiltern, als auch einer digitalen Kompetenz, die hilft, die notwendigen Informationen im Internet zu finden.

Neben der Veränderung des Verhaltens sind nach Prof. Dr. Laxy von der TUM aber die Veränderung der Verhältnisse bedeutsam. Das können die besseren Informationen über die Inhalte von Lebensmitteln, die höhere Besteuerung von Zucker etwa oder aber einen Mindestpreis von alkoholischen Getränken sein.

Selbstverantwortung stärken

Gemäß Prof. Dr. Doris Schaeffer von der Universität Bielefeld bedarf es zum Erreichen von EinwohnerInnen mit einem geringeren Bildungsabschluss, niedrigem Sozialstatus oder alten Menschen einer groß angelegten Informationskampagne. Die Pandemie habe gezeigt, dass die Menschen so erreicht wurden. Sie haben sich informiert, wie sie ihr Leben und ihre Gesundheit schützen können. Nun sollten sie auch ohne Krise verstehen, welche existenziellen Folgen ein ungesunder Lebensstil für ihr Leben hat, meint Frau Prof. Schaeffer.

Die Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes geeinigt. Die aktuellen politischen Entwicklungen haben dieses Thema wohl in den Hintergrund gerückt. Die Potenziale, mit Prävention und Gesundheitsförderung unser Gesundheitssystem sowohl finanziell als auch personell zu entlasten, sollten jedoch eine höhere Aufmerksamkeit begründen.

Quellen:

  1. Deutsches Ärzteblatt, abrufbar unter: Prävention: Vorbeugen statt heilen (aerzteblatt.de)
  2. Kähm et al.: Assessment of excess medical costs for persons with type 2 diabetes according to age groups: an analysis of German health insurance claims data, abrufbar unter: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/dme.14213
Prävention als eine Chance für das Gesundheitsversorgungsproblem

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